Zum Ablauf einer Psychotherapie
Mit der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie, die ich anwende, soll ein aktueller Konflikt vor dem Hintergrund der eigenen Lebensgeschichte einsichtig gemacht und besser bewältigt werden können (man könnte sagen: eine alte Wunde ist neu getroffen worden und hat psychische oder auch psychosomatische Schmerzzustände erzeugt), diesen Zusammenhang wollen wir klären und bearbeiten.
Psychische Probleme entstehen oft dann, wenn jemand problematische Beziehungen zu wichtigen anderen Menschen (oft die Eltern) hatte und nicht in der Lage war, diese Schwierigkeiten zu lösen. In der Regel wird die psychische Störung als ein Zeichen dafür verstanden, dass die kindlichen Beziehungskonflikte in veränderter Form bis in das Erwachsenenleben fortbestehen und aktuelle Beziehungen damit belasten. Die eigentlichen Ursachen für ihre Krankheiten oder Störungen sind den Betroffenen nicht bewusst. Das heißt, eine Person, die zum Beispiel eine Depression oder psychosomatische Kopfschmerzen entwickelt hat, weiß nicht, dass diese Beschwerden Ausdruck dieser frühen Erfahrungen sind. Durch das “Verstehen“ und „Durcharbeiten“ der eigenen Lebensgeschichte kann - so die Annahme - auch das aktuelle psychische Problem, bewältigt oder gelöst werden. Ziel ist es, dass Sie sich dieser verdrängten Konflikten aus ihrer Kindheit oder Jugend bewusst werden und sie „gefühlsmäßig durcharbeiten“. Angestrebt wird eine “Nachreifung“, das heißt der Übergang von kindlichen, ängstlichen, unreifen und neurotischen Denk- und Verhaltensmustern in erwachsene, reife und souveräne Formen der Lebensbewältigung.
Wenn wir innerhalb der ersten 3-4 Probe- (probatorischen) Sitzungen entschieden haben, dass wir zusammen arbeiten werden (die „Passung“ ist wichtig, wenn die „Chemie nicht stimmt“, funktioniert Therapie meist nicht) wird, so von der Krankenkasse gefordert, die Kostenübernahme beantragt. Zunächst sollte ein vertrauensvolles „Arbeitsbündnis“ oder auch „Arbeitsbeziehung“ aufgebaut werden und eine gemeinsame Zielvorstellung formuliert werden. Meist treffen wir uns 1x pro Woche, eine Sitzung (im Sitzen gegenüber) dauert 50 Minuten. Wie viele Sitzungen nötig oder möglich sind und wie oft sie stattfinden sollen, besprechen wir. Meist limitiert die Krankenkasse die Höchstzahl der möglichen Sitzungen, in der gesetzlichen Krankenversicherung max. 100. Ihre private Krankenversicherung fragen sie bitte wegen der Kostenübernahme - hier kommt es auf Ihren individuellen Vertrag an. Ich berechne nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) mit dem 2,3-fachen Satz.
Eine umfassende Aufarbeitung des gesamten Lebens, und der Probleme die daraus resultieren, wird also kaum möglich sein, es geht vielmehr um die Klärung der hauptsächlichen Schwierigkeiten im jetzigen Leben (Fokus) und die Erzielung von mehr Zufriedenheit.
Wichtig und hilfreich wird sein, wenn Sie mir Erinnerungen, die in irgendeinem Zusammenhang mit dem heutigen Konflikt stehen könnten, mitteilen - auch ganz spontan, was Ihnen gerade so durch den Kopf geht, vielleicht frühere ähnliche Situationen und Konflikte. Teilen Sie mir alle im Rahmen der Therapie auftretenden spontanen Einfälle, Träume, Tagträume, Phantasien mit, ebenso alle wichtigen eintretenden Veränderungen im jetzigen Leben (Trennungen, neue Bindungen etc.). Weitestgehende Offenheit, soweit es Ihnen möglich ist, wäre sehr hilfreich, auch wenn die „Schamgrenze“ dabei vielleicht erreicht wird. Absolute Verschwiegenheit und Diskretion von meiner Seite sind selbstverständlich, dies gebietet schon die ärztlich-therapeutische Schweigepflicht.
Manchmal ist es sinnvoll, Angehörige oder Partner_innen/Bezugspersonen für einige Stunden dazu zu bitten - natürlich nur, wenn Sie das möchten. Wir beraten dies gemeinsam.
Deutungen:
Manchmal können meine Fragen oder Anmerkungen Sie vielleicht ärgern, kränken, beschämen oder sonstige unangenehme Gefühle hervorrufen. Bitte teilen Sie mir dies mit, dies ist ein wichtiger Bestandteil der Arbeit und kann sehr wichtige Klärungen mit sich bringen. Die Interpretationen von Äußerungen kann ein wichtiges Hilfsmittel sein, um zu (er)klären, dass die Probleme oder Störungen, die sie zur Sprache bringen, Ausdruck eines bereits lange andauernden inneren Konfliktes sind oder sein könnten.
Übertragung:
Man geht davon aus, dass die Beziehung, die Therapeut_in und Patient_in eingehen, wesentlich durch die früheren persönlichen Beziehungserfahrungen des/der Patient_in zu den Eltern oder zu anderen wichtige Personen bestimmt ist. Die unbewusste Neigung, frühere Beziehungserfahrungen und die damit verbundenen Gefühle auf eine neue Personen (hier Therapeut_in) beziehungsweise auf neue Beziehungen zu übertragen, wird auch „Übertragungsbeziehung“ genannt. Frühere Gefühle und Gedanken sollen durch die in therapeutischen Kontakt in der Gegenwart wieder lebendig werden und auf die aktuellen Beziehungskonflikte übertragen werden. Um dies herbeizuführen, wird sich Therapeut_in selbst weit gehend zurückhalten und ihnen möglichst keine ablenkenden Ansatzpunkte für Auseinandersetzungen mit seiner Person liefern. Es kann also sein, dass sie im Laufe der Behandlung immer einmal wieder verschiedenen Gefühle mir gegenüber bemerken oder auch Vermutungen darüber haben, was ich von Ihnen denken oder meinen könnte, die Sie irritieren. Sie sollten das jeweils, wenn es Sie gerade bewegt, mit mir ansprechen, damit wir klären können, was daran mit mir zusammen hängen könnte und was vielleicht aus Ihren früheren Beziehungserfahrungen stammt, die durch die Beziehung zu mir wiederbelebt werden.
Das alles geht weder schnell noch mühelos. Psychotherapie ist Arbeit. Das bedeutet, dass Sie sich mit den ausgewählten Themen oder Aufgaben motiviert und aktiv auseinandersetzten, Entscheidungen treffen und Konsequenzen ziehen. Letztlich erringt Patient_in selber die Erfolge, sie müssen die Kraft aufbringen, Schwierigkeiten anders und effektiver als bisher zu bewältigen. Psychotherapeut_innen leisten in diesem Sinne vor allem Hilfe zur Selbsthilfe!
Was bedeuten Abstinenz und Neutralität in der und für die Beziehung zwischen Therapeut_in und Patient_in ? Abstinenz meint, Therapeut_in wird nie eine private Beziehung oder Freundschaft einbringen, auch nach der Therapie nicht. Neutralität heißt eine unvoreingenommene, wertfreie, nicht moralisierende Haltung der/des Therapeut_in gegenüber seinem/r Patient_in.
Das Ende der Therapie wird meist durch die Kostenerstattung der Kasse festgelegt. Grundsätzlich ist es möglich, die Therapie von beiden Seiten vorzeitig zu beenden, vielleicht weil es Ihnen vorher schon so viel besser geht, oder auch wenn eine fruchtbare Zusammenarbeit nicht mehr möglich scheint. Wünschenswert ist natürlich für beide Seiten immer eine gute, einvernehmliche Beendigung.
Alternativen:
Neben dem tiefenpsychologisch fundierten Verfahren, das ich anwende, gibt es noch weitere von den Krankenkassen anerkannte Verfahren:
Psychoanalyse: geht noch viel mehr in die "Tiefe", Termine 2-4 x/Woche, oft auf der Couch liegend, Dauer ev. 1-3 Jahre.
Verhaltenstherapie: ist eher auf die Zukunft ausgerichtet - "Störungen / unangepasste Reaktionen" können durch neue Erfahrungen und Verhaltensweisen wieder " verlernt" werden, neue Verhaltensmuster dafür erlernt werden - nicht selten mit konfrontativen Übungen: z.B. bei Spinnenphobie lernt man, sich der Spinne schrittweise zu nähern. Dies ist natürlich eine sehr oberflächliche Darstellung beider Therapieformen! Bei Interesse bitte genauer informieren!
Systemische Therapie: ist ein psychotherapeutisches Verfahren, dessen Schwerpunkt auf dem sozialen Kontext psychischer Störungen, insbesondere auf Interaktionen zwischen Mitgliedern der Familie und deren sozialer Umwelt liegt.
Risiken und Nebenwirkungen?
Während einer Psychotherapie kann es auch zu einer Verschlechterung des Befindens und der Stimmung kommen, werden doch sensible Themen berührt, vielleicht Schuld- und Schamgefühle ausgelöst, alte, unangenehme Erinnerungen wach gerufen usw.. Bitte sprechen Sie dies unbedingt an! Dann können wir gemeinsam überlegen, wie es ihnen wieder besser gehen kann.
Medikamente:
Manchmal ist es sinnvoll parallel zur Psychotherapie Medikamente einzunehmen z.B. gegen eine Depression. Wir würden dann darüber sprechen, möglicherweise bitte ich Sie deswegen auch einer/n Neurolog_in/ Psychiater_in aufzusuchen zur Verschreibung und ev. zur weiteren Diagnostik.
Siehe auch: www.therapie.de, www.psychotherapiesuche.de.
Buch-Tipps:
"Da gehen doch nur Bekloppte hin" von Andrea Jolander, Heyne-Verlag.
"Auf der Couch" von Gabriel Rolon, btb-Verlag
Im Rahmen der Betreuung von transidenten/transsexuellen/genderqueeren Menschen begleite ich gerne in allen Phasen des Entwicklungsweges (neutral, affirmativ und ergebnisoffen), der MDK (Medizinischer Dienst der Krankenkassen) fordert zur Zeit vor operativen körperlichen Veränderungsmaßnahmen eine nachgewiesene Begleit-Psychotherapie mit mindestens 12 Sitzungen a` 50 Minuten und einer Mindestdauer der Begleittherapie von 12 Monaten. Siehe auch
https://www.md-bund.de/fileadmin/dokumente/Publikationen/GKV/Begutachtungsgrundlagen_GKV/BGA_Transsexualismus_201113.pdf
Für das Erstellen einer OP-Indikation orientiere mich im Wesentlichen an diesen Leitlinien und ihren Zeitabläufen (da die Indikation sonst mutmaßlich bei der Begutachtung zur OP-Kostenübernahmezusage durch die Kasse/den MDK auch nicht "durchgehen" würde).
Auch lesenswert:
https://www.bundesverband-trans.de/wp-content/uploads/2021/09/Patient_innen-Leitlinie-Trans-08_ONLINE-1.pdf
Buch-Tipp: "Transidentität - ein unordentliches Phänomen" von Brigitte Vetter, Huber-Verlag.
Leitfaden Trans* Gesundheit · Bundesverband Trans* (bundesverband-trans.de)
Organisatorisches:
Meine Praxis ist eine Bestellpraxis und hat daher auch kein Wartezimmer. Es wäre wunderbar, wenn Sie daher zu Ihrem Termin ziemlich genau pünktlich kämen. Ein gekennzeichneter Praxisparkplatz befindet sich vor dem Haus.
Ihr Termin ist nur für Sie reserviert, bitte sagen Sie in rechtzeitig - d.h. mindestens 24 Stunden - vorher ab, falls Sie verhindert sind (auch auf dem AB oder per Mail möglich). Anderenfalls bitte um Verständnis, dass ich leider ein Bereitstellungshonorar in Höhe von 50 € berechnen muss.
Seit der Corona-Pandemie haben Video-Sprechstunden in den Praxisalltag vielerorts Einzug gehalten. Ich biete unverändert Video-Sprechstunden an. Die KBV (Kassenärztliche Bundesvereinigung) hat einige Vorgaben dazu formuliert: der Erstkontakt soll persönlich erfolgen, ebenso die Probestunden zu Beginn und nicht alle Kontakte des*/der jeweiligen Patient_in sollten per Video stattfinden. Bitte sprechen Sie mich an.